Wir sehen den Wald aus dem Zugfenster, erleben ihn beim Wandern und betrachten ihn an den Hängen der Alpentäler.
Dabei nehmen wir das satte Grün im Frühling wahr, vielleicht die tierischen Bewohner und schöne Herbstfarben. Unsichtbar bleiben allerdings die vielen Funktionen, die der Wald zum Schutz von unserem Siedlungs- und Lebensraum übernimmt.
Das Kronendach fängt zum Beispiel bis zu 70 Prozent der Neuschneemenge auf und vermindert damit die Lawinengefahr. Die Stämme dienen als natürlicher Schutz vor Steinschlag und die Wurzeln durchdringen den Boden. So wird mehr Wasser im Boden gespeichert und das Hochwasserrisiko verkleinert. Außerdem ist der Wald der beste Erosionsschutz.
In Österreich beschreibt und definiert das 2002 novellierte Forstgesetz die Schutzfunktionen des Waldes. Dabei unterscheidet es unter dem Überbegriff Schutzwald zwischen Standortschutzwald (§21[1]), Objektschutzwald (§21[2]) und Bannwald (§27).
Schutzwald in Österreich
Laut Hinweiskarte Schutzwald haben 42 Prozent der österreichischen Waldfläche Schutzfunktion (15,6 Prozent sind in Wald mit Objektschutzfunktion klassifiziert und 26,2 Prozent in Wald mit Objekt- und/oder Standortschutzfunktion), das entspricht 1,6 Millionen Hektar. Fast jede vierte Österreicherin und jeder vierte Österreicher profitiert von den Schutzwirkungen des Waldes.
Standortschutzwald
Standortschutzwälder sind Wälder, deren Standort durch die abtragenden Kräfte von Wind, Wasser oder Schwerkraft gefährdet ist. Sie erfordern eine besondere Behandlung zum Schutz des Bodens und des Bewuchses sowie zur Sicherung der Wiederbewaldung.
Standortschutzwald befindet sich zum Beispiel
- auf Flugsand- oder Flugerdeböden
- auf zur Verkarstung neigenden oder stark erosionsgefährdeten Standorten
- in felsigen, seichtgründigen oder schroffen Lagen
- auf zu Rutschungen neigenden Hängen
- in der Kampfzone der Baumgrenzregion.
Der Schutz und die Pflege von Standortschutzwäldern stellen sicher, dass Böden und damit wichtige Ressourcen erhalten bleiben. Die stabilisierenden Maßnahmen sind von Eigentümerinnen und Eigentümern vorzunehmen, sofern die Kosten aus den Erträgen von Fällungen gedeckt werden können. Zudem müssen Kahlflächen wieder bewaldet werden. Damit wird eine nachhaltige Forstwirtschaft garantiert.
Objektschutzwald
Objektschutzwälder sind (laut Forstgesetz) Wälder, die Menschen, Siedlungen, Infrastrukturanlagen oder kultivierten Boden vor Elementargefahren und schädigenden Umwelteinflüssen schützen. Sie halten unter anderem Lawinen und Steine auf, vermeiden Rutschungen und speichern abfließendes Niederschlagswasser. Sie erfordern eine besondere Behandlung zum Sicherstellen ihrer Schutzwirkung.
Die objektschutzwirksamen Waldflächen werden in der Hinweiskarte Schutzwald dargestellt.
Die Eigentümerin oder der Eigentümer eines Schutzwaldes muss diesen so behandeln, dass ein möglichst stabiler und standortangepasster Bewuchs mit kräftigem inneren Gefüge gegeben ist. Kahlflächen müssen wieder bewaldet werden. Die finanzielle Unterstützung der Waldeigentümer durch öffentliche Mittel oder Zahlungen durch Begünstigte ist möglich.
Bannwald
Bannwälder sind mit Bescheid definierte Objektschutzwälder zur direkten Abwehr bestimmter Gefahren. Die Bannlegung bedeutet, dass erforderliche Maßnahmen und Unterlassungen von der Forstbehörde vorgeschrieben werden. Falls dadurch finanzielle Nachteile entstehen, haben Waldeigentümer Anspruch auf Entschädigung.
Die Bannzwecke für das übergeordnete öffentliche Interesse sind zum Beispiel:
- Der Schutz vor Lawinen, Steinschlag, Erdabrutschung, Hochwasser und Wind.
- Der Schutz von Heilquellen, Wasservorkommen, touristische Zentren und Ballungsräume vor negativen Einflüssen.
- Die Sicherung von Verkehrsanlagen.
In Österreich gibt es 12.719 Hektar Bannwaldfläche. Weiterführende Informationen zum Bannwald in Österreich.
Windschutzanlagen
Windschutzanlagen, oder auch Bodenschutzanlagen, schützen landwirtschaftliche Böden gegen den Abtrag durch Wind und dienen der Schneebindung. Damit tragen sie wesentlich zur Sicherung und Erhaltung der nicht vermehrbaren und sich nur über Generationen neu bildenden Ressource Boden bei.
Bodenschutzanlagen sind mit heimischen Bäumen und Sträuchern bestockte Streifen in unserer Kulturlandschaft, die
- der Landwirtschaft zur Sicherung ihrer Produktion dienen
- der natürlichen Fauna und Flora Lebensraum bieten
- der Bevölkerung ein abwechslungsreiches Landschaftsbild bescheren.
Kampfzone des Waldes
Der Begriff Kampfzone des Waldes beschreibt denjenigen Bereich in alpinen Lagen, wo der Wald aufgrund klimatischer Bedingungen schon sehr stark aufgelockert ist und Bäume nur noch vereinzelt und spärlich wachsen können. Die Bäume "kämpfen" also quasi um ihr Überleben, besonders bei strengen Wintern, hohen Windgeschwindigkeiten oder häufig vorkommenden Pilzerkrankungen. Für diese Bereiche gelten die gleichen Bestimmungen des Forstgesetzes wie für Objektschutzwälder, vorausgesetzt ist eine hohe Schutzwirkung des Bewuchses.
Auwald
Auwald ist ein wichtiger Teil eines Gewässer-Ökosystems, ursprünglich erstreckten sich beidseitig große bewaldete Flächen, immer wieder unterbrochen durch Seitenarme, die nur im Falle eines Hochwassers geflutet wurden. Heute gibt es in Österreich laut Auen-Inventar ca. 95.000 ha Auwaldflächen. Sie sind Lebensraum von vielen Tieren, Vögeln und Insekten, übernehmen aber auch eine andere wichtige Schutzfunktion für unsere Gesellschaft. Bei Hochwasser können Auwälder große Mengen an Wasser zurückhalten und dienen so als wichtiger Retentionsraum.
Schutzwald in Ertrag
Im Schutzwald in Ertrag können wirtschaftliche Maßnahmen unter Berücksichtigung der Schutzfunktion durchgeführt werden. Sie sind so zu bewirtschaften, dass ihre Erhaltung bzw. Wiederherstellung als möglichst stabiler Bewuchs gewährleistet ist, unter Berücksichtigung der Schutzfunktion und Bodenerhaltung besonders in steilen Lagen. Der Begriff wird in der Österreichischen Waldinventur herangezogen.
Schutzwald außer Ertrag
Schutzwald außer Ertrag sind Schutzwälder in schwer oder nicht begehbaren Lagen, in denen kein oder nur unbedeutende Mengen an Holz genutzt werden. Auch inkludiert sind Bestände mit Umtriebszeiten von über 200 Jahren oder solche auf beispielsweise seichtgründigen Standorten ohne Ertrag.
Schutzfunktion und Schutzwirkung
Die Begriffe "Schutzwirkung" und "Schutzfunktion" des Waldes werden oft synonym verwendet. Es ist jedoch sinnvoll, die fachlichen Unterschiede kurz anzuführen.
Die Waldfunktion ist eine von der Gesellschaft dem Wald übertragene Aufgabe eine bestimmte Leistung zu erbringen, z. B. die Aufgabe des Waldes vor Schäden durch Naturgefahren zu schützen. Die Funktion hängt damit vom Standort und der Raumplanung ab.
Die Wirkung des Waldes beschreibt das Ausmaß und den Effekt der Aufgabenerfüllung. Damit hängt die Wirkung vom Schutzwald von seinem tatsächlichen Zustand ab. Die Wirkung wird von deutlich mehr Faktoren, wie dem Boden, Baumarten, und der Altersstruktur beeinflusst.
Handelt es sich beim Wald auf einem steilen Hang unterhalb eines Felsens und oberhalb einer Straße um eine Blöße, dann hat der Wald zwar eine "Schutzfunktion", aber keine oder nur eine geringe "Schutzwirkung".
Herausforderungen
Häufige Herausforderungen bei der Schutzwaldbewirtschaftung sind überalterte Bestände, fehlende Verjüngung, schlechte Erreichbarkeit, überhöhte Wildstände, unvorteilhafte Baumartenmischung und langsames Wachstum aufgrund der Seehöhe.
Daher braucht es eine nachhaltige österreichische Waldpolitik, die den Erhalt und die Verbesserung der Schutzfunktion der Wälder sicherstellt.