Schutzwaldforschung in Österreich: Rückblick auf die Videokonferenz vom 9. November 2021

Am 9. November 2021 fand die Präsentation des 1. Sachstandberichtes mit Fokus auf die „Schutzwaldforschung in Österreich: Wissensstand und Forschungsbedarf“ statt.

Das im Rahmen des Österreichischen Walddialoges durch das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) in Kooperation mit dem Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) und der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) organisierte Webinar, bot einen ersten Einblick in den aktuellen Wissensstand und Forschungsbedarf für die Österreichischen Schutzwälder. Die mit über 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr gut besuchte Online-Veranstaltung verdeutlicht das große Interesse an der Schutzwaldthematik.

Forschung als evidenzbasierte Antwort für eine Vielzahl an Herausforderungen

Bundesministerin Elisabeth Köstinger machte in ihrer einleitenden Videobotschaft darauf aufmerksam, wie prioritär die Schutzfunktion des Waldes für zahlreiche Lebens- und Wirtschaftsräume und damit auch für die Erhaltung und Weiterentwicklung vieler Regionen in Österreich ist. Interdisziplinäre Schutzwaldforschung bildet die Grundlage für weitreichende Entscheidungen und soll die im Aktionsprogramm „Wald schützt uns!“ beschriebene Vision für 2050, gemeinsam neuen Herausforderungen und strukturellen Problemen mit starken Antworten entgegenzutreten, ermöglichen. Großer Dank gebührt aus ihrer Sicht dem hochkarätigen Redaktionsteam aus renommierten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Verwaltung und Praxis, die diese Vision für den Schutzwald durch ihren fachlichen Beitrag erst ermöglicht haben.

Sektionschefin Maria Patek hob die anstehenden Herausforderungen in der so notwendigen Schutzwaldbewirtschaftung hervor. Der Klimawandel mit seinen Folgen gefährden die Stabilität und Vitalität des Schutzwaldes, auch gesellschaftliche Veränderungen stehen einem effizienten Management der „grünen“ Vorsorge vor Naturgefahren gegenüber. Diese grundlegende und angewandte Schutzwaldforschung sorgt nicht nur für eine Weiterentwicklung von Lehre und Ingenieurpraxis, sie dient vor allem als Entscheidungsgrundlage für Waldbewirtschafterinnen und Waldbewirtschafter und der Politik.

Der Leiter des BFW, Peter Mayer, verwies in seinen einleitenden Worten nicht nur auf die aufgezeigten Defizite der Schutzwaldbewirtschaftung betreffend Wildtiermanagement, Baumartenwahl, Wiederbewaldung oder die Mitberücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels, sondern speziell auf Themen wie Dürre und Waldbrand, bei denen eine Zunahme zukünftig zu erwarten sein wird. Ziel dieses Sachstandberichtes ist auch die Etablierung von interdisziplinären Wissenschaftsnetzwerken, also die Vernetzung zwischen Natur- und Sozialwissenschaften sowie von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern auf regionaler und nationaler Ebene.

Ausgangslage          

Das von der Bundesregierung 2019 initiierte Aktionsprogramm „Wald schützt uns!“ beinhaltet nicht nur konkrete Meilensteine und Projekte, auch das Thema Forschung ist zentral im Leuchtturm „Schutzwald beobachten und erforschen“ enthalten. Für eine nachhaltige Verbesserung des Zustandes des Schutzwaldes in Österreich bedarf es zuallererst das Aufzeigen von Forschungslücken, das Feststellen von Problemen und Herausforderungen und daraus abgeleitet den zukünftigen Forschungs- und Entwicklungsbedarf.

Publikation

Im vorliegenden Sachstandsbericht „Schutzwald in Österreich – Wissensstand und Forschungsbedarf“ haben 69 renommierte Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft, Verwaltung und Praxis ihre Fachexpertise eingebracht. Klemens Schadauer, Leiter des Institutes für Waldinventur am BFW, betonte stellvertretend für das Redaktionsteam in seinem einleitenden Überblick, dass der Bericht die österreichweit erste, umfas­sen­de Analyse und Zusammenstellung des derzeitigen Wissensstandes der Forschung und Entwicklung zum Thema Schutzwald darstellt. Dieser ermöglicht einen Blick in die Zukunft zur Beantwortung gegenwärtiger Fragen. 18 Themenbereiche sowie die politisch internationale Ebene werden darin behandelt, zusätzlich werden Wissensdefizite und konkrete Forschungsfragen aufgezeigt und definiert.

Der Bericht (Kurz- und Langfassung) ist hier abrufbar!

Podiumsdiskussion

Die anschließende, hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion mit Expertinnen und Experten verdeutlichte erneut, wie umfangreich die mit Schutzwald zusammenhängenden Themen sind. Neben aktuellen Themen, wie der Bedeutung von Waldbränden und kaskadischen Effekten im Schutzwald, wurden Fragen der multifunktionellen Anforderungen an den Wald von Harald Vacik (BOKU) aufgezeigt und diskutiert. Kurt Ramskogler (BIOSA/PEFC Austria) verwies auf die besondere Bedeutung des richtigen Saatgutes sowie dessen epigenetische Bedeutung, also die Auswirkungen der Umwelt auf die einzelne Forstpflanze, in der Schutzwaldthematik, werden doch Schutzwälder im Schnitt deutlich älter als Wirtschaftswälder und sind so über eine längere Zeit den sich immer schneller ändernden Umweltbedingungen ausgesetzt.

Hervorgehoben wurde außerdem die Notwendigkeit für an den Klimawandel angepasste Entscheidungshilfen für Waldbewirtschafterinnen und Waldbewirtschafter, diese gilt es zukünftig mit wissenschaftlicher Expertise zu entwickeln. Wie Klaus Haslinger (ZAMG) erläuterte, sind Extremereignisse direkt an die ansteigende Temperatur gekoppelt, in den letzten Jahren eindeutig zu spüren war dies beispielsweise an den Hitzewellen im Sommer, die gesteigert in Intensität und Dauer auch zukünftig zu erwarten sind. Die wichtigsten Prozesse im Schutzwald Hitze, Trockenheit und Starkniederschlag können auch zu „aufschaukelnden“ Effekten führen, also zur Verstärkung der Auswirkungen durch vorangehende Prozesse.

Diskutiert und hervorgehoben wurde von Klemens Schadauer (BFW) vor allem die geringe Bedeutung des Schutzwaldes im internationalen Umfeld, die sich in aktuellen Strategien wie der Biodiversitäts- oder der Forststrategie der Europäischen Kommission zeigt. Da internationale Politiken laut Florian Rudolf-Miklau (BMLRT) jedoch globalen Megatrends unterliegen, sind nationale Forschungsprogramme für die Schutzwaldthematik wesentlich bedeutender. Eine interdisziplinäre Schutzwaldforschung vermag zusätzlich globale Themen berücksichtigen, erst durch die Kombination von forstlichen und nicht-forstlichen Themen im Rahmen eines modernen Governance-Ansatzes trägt sie wesentlich zur Verbesserung der Schutzwaldsituation bei. Ganz nach dem Motto „think global – act local“.

Den spannenden Diskurs können Sie im Veranstaltungsvideo auf dem BMLRT YouTube-Kanal noch einmal miterleben. 

Die Publikation im Detail

Geplant sind weitere vertiefte Online-Gespräche, in denen einzelne Kapitel von Autorinnen und Autoren im Detail präsentiert werden. Nähere Infor­ma­tionen werden zeitnah auf der Schutzwald Homepage bekannt gegeben.

Veröffentlicht am 10.11.2021