Schutzwald-Aktivitäten - Rückblick

Aktivitäten zur Erhaltung und Verbesserung von Schutzwäldern sind und waren Beiträge zur nachhaltigen Sicherung des Dauersiedlungsraumes und zur wirtschaftlichen sowie ökologischen Entwicklung des ländlichen Raumes. Ein Rückblick - beginnend im 19. Jahrhundert - soll ein fundiertes Portfolio über wesentliche Aktivitäten rund um das Thema Schutzwald dokumentieren.

Hochwasser 1870/1882

Die Hochwasserereignisse aus den Jahren 1870 und 1882 sind ein wesentlicher Eckpunkt unserer Forstgeschichte. Unterbewaldung und der schlechte schutzfunktionale Zustand der Bergwälder in den Wildbacheinzugsgebieten wurden damals als gravierende Ursachen erkannt.

Basierend auf dem Reichsforstgesetz wurde im Jahre 1884 der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung gegründet und das "Wildbachverbauungsgesetz" beschlossen.

20. Jahrhundert

In den vierziger und fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts, erkannte man, dass mit technischen Schutzbauten allein nicht das Auslangen gefunden werden konnte. So kamen biologische Maßnahmen wieder verstärkt zum Einsatz. Ergänzend zu den damals entstandenen "Flächenwirtschaftlichen Projekten" (FWP) wurden in den siebziger Jahren umfassende Hochlagenaufforstungs- und Schutzwaldsicherungsprogramme gestartet.

In den achtziger Jahren wurde in Folge der beunruhigenden Ergebnisse der Schutzwalderhebung im Rahmen der Forstinventur die heutige ganzheitliche, ökosystembezogene Strategie zum Schutz vor Naturgefahren eingeleitet.

1991 ist eine gemeinsame Erklärung des Ressorts und der Bundesländer über Maßnahmen zur Verbesserung der Schutzwirkungen des Waldes von ranghohen Landespolitikern und Bundesminister Dr. Fischler unterzeichnet worden. Dabei wurde die Erstellung der Landesschutzwaldkonzepte, insbesondere auch zum zielgerichteten Einsatz der nötigen Finanzmittel, vereinbart. Die ersten Landesschutzwaldkonzepte (LäSK) wurden im Jahr 1993 umgesetzt.

1999 wurden im Auftrag von Bundesminister Mag. Molterer Schritte zur Neuorientierung der Schutzwaldstrategie eingeleitet. In den Jahren 2000/2001 wurde die ARGE Sicherung und Verbesserung der Schutzwirkung des Waldes - bundesweite Schutzwaldkonzepte (Darstellung des Verbesserungsbedarf) einberufen und die Revision der Landessschutzwaldkonzepte aus dem Jahr 1993 forciert.

Die umfassenden jahrelangen Bemühungen haben dazu geführt, dass am 16. Jänner 2002 in Salzburg die Vertreter wichtiger Ministerien, der Landesregierungen und die Interessenvertretungen der Waldeigentümer, der Gebietskörperschaften, der Wirtschaft und der Jagd ihren gemeinsamen Willen in der Österreichischen Schutzwaldstrategie verbindlich festgeschrieben haben.

In Schutzwaldplattformen sollen die nötigen Maßnahmen für den Schutzwald abgestimmt und der nötige Interessenausgleich herbeigeführt werden. Besondere Bedeutung wurde der nötigen Ordnung von Wald und Weide sowie der schutzwaldgerechten, situationsangepassten Wildbewirtschaftung beigemessen.

Am 6. März 2002 fassten die Landeshauptmänner den Beschluss, sich zu der am 16. Jänner 2002 in Salzburg unterzeichneten "Gemeinsamen Erklärung" zu bekennen. Es wurde beschlossen, sich für die zügige Einrichtung von Schutzwaldplattformen in den Ländern sowie die rasche Umsetzung der in den Landes-Schutzwaldkonzepten vorgesehenen Maßnahmen einzusetzen und die auf Bundesebene einzurichtende Plattform zu beschicken.

Im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wurde eine Schutzwaldplattform eingerichtet, welche als Servicestelle für die Bundesländerinitiativen dient. In dieser Plattform wurden alle betroffenen Interessengruppen eingebunden.

Im Zusammenspiel mit den Landesförderungskonferenzen wurde die Finanzierung der erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Schutzwirkung gesichert.

Forstgesetz 2002

Mit der 2002 vom Parlament beschlossenen Novellierung des Forstgesetzes ist nicht nur die Eigenverantwortung der Waldbewirtschafter gestärkt, sondern auch der Begriff Schutzwald neu definiert:

  • "Standortschutzwald" schützt den Standort selber und entspricht dem bisherigen Schutzwaldbegriff.
  • "Objektschutzwald" dient dem Schutz von Menschen, menschlichen Siedlungen, Anlagen oder kultivierten Böden.

Die bisherigen Schutzwaldbestimmungen gelten für beide Kategorien weiter, Unterschiede gibt es hinsichtlich der Verpflichtung zur Kostentragung: Im Standortschutzwald bezieht sich die bisherige Regelung nunmehr ausdrücklich auf Erträgnisse aus Fällungen in diesem Schutzwald. Im Objektschutzwald ist der Waldeigentümer nur insoweit verpflichtet, als die Kosten durch öffentliche Mittel oder Zahlungen durch Begünstigte gedeckt sind.

Schutzwaldstrategien

Allgemeine Grundsätze:

  • Wald ist zur Lebensraumsicherung in Österreich unentbehrlich
  • Schutzwirkung ist von enormer, steigender volkswirtschaftlicher Bedeutung
  • Garant für die Schutzwirkung sind der Erhalt der Schutzwälder insgesamt, insbesondere die Erhaltung der Objektschutzwälder, die Sicherung der nachhaltigen Waldbewirtschaftung inkl. Finanzierung, die Motivation aller Waldbesitzer und aller an Schutzwälder Interessierten, eine effiziente, moderne Verwaltung; die gute Waldgesinnung aller Bürger; die Einbeziehung aller Betroffenen

Umsetzungsprinzipien:

  • "Schutzwald geht alle an!", Bewusstsein schaffen bzw. stärken
  • Realisierung der Umsetzung so dezentral wie möglich, überregionale und bundesweite Harmonisierung soweit nötig.
  • Sicherung der Eigentumsrechte bei gleichzeitiger Stärkung der Eigenverantwortung.
  • Leistungsbezogene Abgeltung besonderer Maßnahmen im öffentlichen und privaten Interesse.
  • Kostenwahrheit: Begünstigte sollen zahlen, subsidiär die öffentliche Hand. Ansprüche an den Schutzbedarf sind, so wie gesetzlich vorgesehen, leistungsbezogen abzugelten.
  • Nutzung von Synergiepotentialen in allen Bereichen (Ressourcen, Infrastruktur, Finanzierungsansätze etc.).
  • Die fachübergreifende Lösung von Interessenkonflikten soll durch Einbindung aller Beteiligten erfolgen. Partizipative Ansatz: Kooperationen, Synergienutzung im Interesse aller Beteiligten, Vorrang für "bottom up" - Ansätze.
  • Wissenstransfer zum Naturgefahren- und Risikomanagement; Gemeinsame Weiterentwicklung von Methoden und Entwicklungsstrategien.
  • Die Initiative auf Bundesebene soll helfen, bestehende Aktivitäten der Gemeinden, in den Regionen und Ländern zu stärken. Sie kann keinesfalls einen Ersatz für diese Bemühungen darstellen.

Organisation der Umsetzung, Instrumente:

Gleichzeitige Umsetzungsinitiativen in drei Ebenen:

A: Gemeinde-, Talschafts-, Bezirksebene:
Unter Federführung der Bezirksforstinspektionen gemeinsam mit den Gebietsbauleitungen des Forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV), Einrichtung und Betreuung von Arbeitsgruppen zum Interessenausgleich auf lokaler bzw. kommunaler Ebene - Projektinitiativen vor Ort mit und in der Gemeinde.

B: Landesebene:
Schaffung von Plattformen durch die Landesforstdienste in Kooperation mit der jeweiligen Sektion der WLV, Durchführung der Harmonisierungsschritte, forstpolitische Steuerung auf Landesebene (z.B. Dringlichkeitsreihung /Landesförderungskonferenz).

C: Bundesebene:
Die Bundesschutzwaldplattform hat die Aufgabe, einmal jährlich, alle diesbezüglichen Aktivitäten und Maßnahmen der Landes- und Bundesdienststellen, sowie jene der „Gemeinde- und Landesschutzwaldplattformen zusammenzufassen, die Ergebnisse einer hochrangigen Gruppe von fachlichen Entscheidungsträgern vorzustellen und gemeinsam zu tragende Maßnahmen zu entwickeln.
Die Ergebnisse fließen direkt in den Österreichischen Walddialog ein.

Gemeinsames Geschäftsfeld "Schutz vor Naturgefahren"

Im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wurde das Geschäftsfeld "Schutz vor Naturgefahren" unter Federführung der Forstsektion eingerichtet. Durch einen integrativen Ansatz wurden Aufgaben der Planung, der Maßnahmensteuerung und der Strategieentwicklung sektionsübergreifend koordiniert.

Initiative Schutz durch Wald

In der VOLE - Förderperiode 2007/13 wurde in Zusammenarbeit von Wissenschaft, Forstbehörde und Praxis die "Initiative Schutz durch Wald" (ISDW) entwickelt. Darauf fachlich aufbauend, wurde in der darauffolgenden VOLE 2014/20 das Programm - Bezirksrahmenplan OSWi (Wälder mit Objektschutzwirkung) - initiiert.

Verein „Schutzwald“  

Die Hochwasserkatastrophen von 1965/66 in Osttirol forderten 23 Todesopfer sowie zahlreiche zerstörte und beschädigte Häuser, Brücken und Straßen. Als Folge wurde ein zielgerichtetes Schutzwaldverbesserungsprogramm zur Abwehr von Naturgefahren und zur Verbesserung der Schutzleistungen des Gebirgswaldes ins Leben gerufen.

1968 kam es zuerst zur Gründung der Arbeitsgemeinschaft für Hochlagenaufforstung und Schutzwaldsanierung (HSS), die in weiterer Folge mit den forstfachlichen Dienststellen das Wissen und die Strategie für die Schutzwaldverbesserung erarbeitet und die Initialzündung für nunmehr 40 erfolgreiche Projekte in Osttirol gegeben hat.

1971 wurde mit dem Start des HSS-Förderprogramms der Grundstein für mehr und nachhaltige Sicherheit durch den Schutzwald vor Lawinen, Muren, Steinschlag, Erosion und Hochwasser gelegt.

In den 1980er Jahren wurde mit Einführung des FWP-Programms des Bundes die Intensität der Schutzwaldverbesserung weiter gesteigert.

1986 haben sich die Akteure des HSS zum Verein zur Erhaltung und Verbesserung des Schutzwaldes zusammen geschlossen. Dieser wirkt sehr erfolgreich bis heute.